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Man schrieb sie überall, wo und wann man nur konnte, in Wohnbunkern und in den Pausen zwischen den Schlachten. Man schrieb sie auf Tapeten, in Schulheften und Geschäftsbüchern…

Handgeschriebene Partisanenzeitschriften wurden gemeinsam mit wichtigen Akten aufbewahrt. Sie enthielten Tatsachen über den Kriegsalltag, berichteten über Kämpfe und Helden. Selbstgemachte „Hefte" wurden lebendig gemacht – durch Illustrationen und witzige Geschichten. Wer eine Zeitschrift in die Hände bekam, las sie in der Hoffnung, dass der Krieg bald zu Ende ist. Diese Hefte gaben Mut. Auch in den Zeiten, wenn man vom Feind hoffnungslos eingekesselt war, konnte niemand daran denken, die handgeschriebenen Zeitschriften preiszugeben – man vergrub sie samt Munition in der Erde oder versteckte in Sackleinen in den Wäldern. Durch das Feuer des Krieges sind diese einmaligen Dokumentationen bis in die Gegenwart erhalten geblieben.
DAS SCHAFFEN VON VOLKSRÄCHERN
Bei Kampfeinsätzen, in den Pausen oder angesichts des Todes – die Lieder waren ihre ständigen Begleiter… Das künstlerische Schaffen spielte im Leben von Partisanen eine große Rolle. Abgeschnitten von der Front waren sie gezwungen, ihre Kampfkraft selbstständig aufrechtzuerhalten. Das betraf sowohl die Waffen als auch die Moral. Für die Waffen gab es eigens eingerichtete Reparaturwerkstätte, für die Kampfstimmung von Partisanen sorgten Dichter, Schriftsteller, Schauspieler und Maler.
Handgeschriebene Zeitschriften sind zu einer einmaligen und wertvollen Quelle der Werke von „Waldautoren" geworden. Die Texte weisen eine Vielfalt von Formen und Genres auf: Gedichte, Poeme, Lieder, Scherzlieder und Prosawerke. Sie erzählten über die wahren Ereignisse, Fakten, Geschichten aus der Kampftätigkeit, aus dem Leben und Alltag von Partisanen.
Das Gedicht „Freundin" von W. Smirnow, veröffentlicht in der Zeitschrift „Volksrächer", Nr. 2, Woronjanski-Brigade, 1944
Der Heldengeist des Kampfes und das Gedenken an die Gefallenen waren Hauptmotive der Partisanendichtungen. So wurde zum Beispiel in der Aprilausgabe der Zeitschrift „Volksrächer" (Woronjanski-Brigade) das Gedicht „Freundin" von W. Smirnow veröffentlicht. Der Autor beschreibt darin, wie sich die Partisanen vor dem nächsten Gefecht ausruhen. Sie sitzen am Lagerfeuer und singen Lieder.
Foto aus dem Museumsarchiv
In den Ruhepausen sangen die Kämpfer Lieder von Partisanendichtern. Oft dienten Motive bekannter Lieder für Umdichtungen, wie etwa in der 1. Suworow-Partisanenbrigade. Hier stimmte man Kommissar Ussows Gedicht „Über den Mineur Petja" nach der Melodie des Liedes „Drei Panzerfahrer" an.
Das Lied von N. Ussow „Über den Mineur Petja" in der handgeschriebenen Zeitschrift der 1. Suworow-Partisanenbrigade
Lieder „Überraschung für den deutschen Feldbunker" und „Belarussisches Partisanenlied" in der handgeschriebenen Zeitschrift der 1. Suworow-Partisanenbrigade
In der Ausgabe des „Volksrächers" vom März 1944 erschien das Poem „Der erste Verlust" von Alexander Michailow. Darin beschreibt der Liederdichter, wie in einem von den deutschen Truppen besetzten Dorf ein Partisan den Heldentod stirbt, nachdem er den feindlichen Versorgungstross in eigene Hand bekommen wollte. Volksrächer und Dorfbewohner, die sich entweder als Sympathisanten der Partisanen bezeichneten oder sich an das Leben in der deutschen Besatzung anpassten, waren typische Handlungsfiguren der Partisanenlieder.
Im Gedicht „Stiefel" (April-Ausgabe der „Volksrächer") schildert Alexander Michailow, mit welcher Freude die Partisanen auf das nächste Transportflugzeug warteten.
Das Gedicht „Stiefel" von A. Michailow in der handgeschriebenen Zeitschrift „Volksrächer" der Woronjanski-Brigade, 1944
Alexander Michailow absolvierte die Theaterschule in Woronesh und arbeitete vor dem Krieg im Moskauer Staatlichen Kleinkunsttheater. Der Krieg bescherte ihm ein schweres Schicksal. Er war Soldat im Schützenregiment, geriet in Umzingelung und später in die deutsche Kriegsgefangenschaft, aus der geflohen war… Bis 1944 war er Abteilungskommandeur der Kotowski-Brigade „Volksrächer." Er wurde mit der Medaille „Partisan des Vaterländischen Krieges" der 1. Klasse ausgezeichnet.
Michailow war in den 1920-er Jahren als Kinderdichter bekannt. Beim Literaturwettbewerb in der Stadt Jaroslawl erhielt er im Jahr 1939 den zweiten Preis. Als Kommissar der Partisanenabteilung leitete er eine Kulturgruppe, veröffentlichte Flugblätter, Zeitschriften und Faltbücher.
Foto aus dem Museumsarchiv
Praktisch alle handgeschriebenen Zeitschriften waren voll von Partisanen-Scherzliedern. Diese Vierzeiler waren nicht nur humorvoll, sondern zeichneten sich durch ein hohes politisch-ideologisches Niveau aus und waren mit Zeichnungen und Karikaturen versehen.
Ob Dichtung, Prosa oder Zeichnungen – die Volksrächer griffen auf verschiedene Ausdrucksmittel zurück, um das Wesen der faschistischen Ideologie zu entlarven und die Taten von Helden zu verewigen. Die handgeschriebenen Zeitschriften wurden so zu einer wertvollen Schatzkammer des künstlerischen „Waldschaffens."
Handgeschriebene Zeitschrift der 1. Suworow-Partisanenbrigade
Handgeschriebene Zeitschrift "Volksrächer", Nr.2, April 1944
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