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Man schrieb sie überall, wo und wann man nur konnte, in Wohnbunkern und in den Pausen zwischen den Schlachten. Man schrieb sie auf Tapeten, in Schulheften und Geschäftsbüchern…

Handgeschriebene Partisanenzeitschriften wurden gemeinsam mit wichtigen Akten aufbewahrt. Sie enthielten Tatsachen über den Kriegsalltag, berichteten über Kämpfe und Helden. Selbstgemachte „Hefte" wurden lebendig gemacht – durch Illustrationen und witzige Geschichten. Wer eine Zeitschrift in die Hände bekam, las sie in der Hoffnung, dass der Krieg bald zu Ende ist. Diese Hefte gaben Mut. Auch in den Zeiten, wenn man vom Feind hoffnungslos eingekesselt war, konnte niemand daran denken, die handgeschriebenen Zeitschriften preiszugeben – man vergrub sie samt Munition in der Erde oder versteckte in Sackleinen in den Wäldern. Durch das Feuer des Krieges sind diese einmaligen Dokumentationen bis in die Gegenwart erhalten geblieben.
KINDERSOLDATEN DES GROSSEN VATERLÄNDISCHEN KRIEGES
Sie teilten mit den Erwachsenen alle Nöte des Krieges und des Partisanenalltags, brachten Flugblätter an, waren Melder und Späher, nahmen an Kampfoperationen teil. Über fünfeinhalbtausend Kinder in Belarus waren im Zweiten Weltkrieg Mitglieder der Untergrund- und Partisanenbewegung. Zwei davon – Marat Kasej und Sinaida Portnowa – wurden posthum zu Helden der Sowjetunion ernannt.
Sekretär des Untergrundkomitees der Kommunistischen Partei der Bolschewiki im Gebiet Minsk, I. A. Belski (Zweiter von rechts) spricht per Funk mit dem „sowjetischen Hinterland". In der Mitte Tolja Delendik (10), Adjutant des Verbandskommandeurs, 1943. Foto aus dem Museumsarchiv
Held der Sowjetunion Roman Matschulski hat in seinem Buch „Menschen mit hohem Pflichtbewusstsein" geschildert, wie hartnäckig und mutig junge Partisanen zusammen mit den Erwachsenen kämpfen wollten: „Brennendes Mitleid erfüllte unsere Herzen und zugleich der große Stolz auf unsere Kinder." Matschulski schrieb, dass niemand die Kinder zum Kampf in den Partisanenabteilungen aufrief. Ganz im Gegenteil, man schickte sie nach Hause. Aber sie kamen wieder...



"Bittere Tage erleben wir im deutschen Hinterland. Wie viel Leid haben uns die Faschisten angetan! Die Henker erschossen unsere Eltern oder vertrieben sie nach Deutschland… Unsere Väter und Brüder kämpfen gegen die Deutschen… Unsere Hauptaufgabe heißt lernen, lernen und nochmals lernen!"

Auszug aus einem Artikel in der Wandzeitung "Unsere Schule", Ausgabe Nr.1, Kirow-Pionierorganisation, Brester Gebiet, 1944

Jene Jugendliche, deren Eltern in faschistischen Folterkammern zu Tode gequält waren, musste das Kommando in Partisanenabteilungen lassen. Mancherorts wurden in Partisanenverbänden Schulen eröffnet. Die Kinder wurden ungewollt Zeugen des schweren Partisanenlebens: sie sahen sie in die Schlacht ziehen und verwundet zurückkommen. Sie erlebten viel Leid und Schmerz mit und verabschiedeten sich von den Gefallenen. Diese Eindrücke schilderten sie nachher in handgeschriebenen Zeitungen in ihren Waldschulen.
"Beim Schulappell haben wir erfahren, dass unsere Brigade vom großen Unheil heimgesucht wurde. Faschistische Henker töteten 20 Partisanen. Wir, Schüler unserer Schule, haben geschworen, dass wir uns für den Tod unserer Brüder grausam rächen werden. Mit jedem Tag wächst die Zahl unserer Musterschüler..."

Auszug aus der Wandzeitung "Pionier", Schule der Shdanow-Abteilung, Brester Gebiet, Ausgabe Nr.2, 1944

Essays und Erzählungen über junge Helden, verfasst von talentierten Partisanenjournalisten Ananjin und Dejew, sind in handgeschriebenen Zeitschriften der Stalin-Partisanenabteilung (Gebiet Mogiljow) und der 3. Minsker Budjonny-Partisanenbrigade erhalten geblieben.
"Als unsere Truppen und Teile der Roten Armee zum Rückzug gezwungen waren, versteckten unsere Kleinen in besonders ausweglosen Minuten Waffen und Munition. Oft sagten sie selbst ihren Eltern und älteren Kameraden kein Wort darüber. Die Kinder wussten bald, dass es starke und sehr mutige Menschen gab, die nur in Wäldern wohnten und nachts in die Dörfer kamen, um mit der Bevölkerung zu sprechen."

Auszug aus einem Artikel in der Zeitschrift "Volksrächer", Ausgabe 2-3; 3. Minsker Budjonny-Brigade

"Der 11-jährige Pionier Dodik Nalibozki legte einen außergewöhnlichen Mut an den Tag. Noch im Jahr 1941 wurden sein Vater, seine Schwester und Bruder von Faschisten bestialisch gefoltert. Im Mai dieses Jahres schaffte er es mit großer Mühe, gemeinsam mit seiner Mutter und 6 anderen Kameraden aus dem Ghetto auszubrechen. Er kam zu den Partisanen und weckte beim Gruppenkommandeur sofort Respekt und Vertrauen. Nach einigen Tagen musste er in Minsk eine Sonderaufgabe des Kommandeurs erfüllen. Er führte sie ehrenvoll aus und kehrte in die Abteilung zurück."

Auszug aus einem Artikel in der handgeschriebenen Zeitschrift "Volksrächer", Ausgabe Nr.2-3, 3. Minsker Budjonny-Brigade
Im Sommer 1943 kam Wasja Russalowitsch, 14, in die Woroschilow-Partisanenabteilung. Vor dem Krieg besuchte der Junge die 3. Klasse der Grundschule in Skorinitschi (Kreis Minsk), im Jahr 1939 ging Wassili auf die Minsker Choreographieschule. In der Partisanenabteilung erfülle Wassili zunächst die Funktion eines Boten des Kommandeurs I. Pawlow. Der Junge bestand aber darauf, in den Sabotagetrupp von W. Pissartschick überführt zu werden. Er war Mitglied des Spähtrupps, hat es gelernt, mit Sprengstoff und Gewehr umzugehen.

W. Russalowitsch Partisan der Woroschilow-Abteilung der 3. Minsker Brigade. Foto aus dem Museumsarchiv

"Genosse Russalowitsch hat persönlich drei feindliche Militärzüge zum Entgleisen gebracht. Bei diesen Sprengungen waren insgesamt 90 Hitlersoldaten getötet und verwundet. Darüber hinaus nahm Genosse Russalowitsch an einem Begegnungsgefecht im Dorf Obschaja teil, wo er sich furchtlos auf die Feinde stürzte und durch sein Beispiel die anderen Partisanen mitriss. In der Blockade bewegte er sich ungeachtet seines Alters (geb. 1928) unaufhörlich an der Seite des Kompaniekommandeurs Gen. Ameljantschik weiter."

Auszug aus einer Charakteristik von W. Russalowitsch
Wassili Russalowitsch wurde zur Auszeichnung mit der Medaille "Partisan des Vaterländischen Krieges", 2. Klasse, vorgeschlagen. Der junge Späher und Sprengstoffmeister wuchs in der Partisanenabteilung heran, wurde mannbar und marschierte am 16. Juli 1944 in einer Partisanenkolonne auf der historischen Parade in Minsk.
Nach dem Krieg kehrte Wasja zu seinen Lieblingsberuf zurück: er setzte seine Ausbildung an der Choreographieschule fort und trat auf der Bühne des Opern- und Balletttheaters auf. Leider starb er im Jahr 1947 einen tragischen Tod…
Dass so viele junge Volksrächer in den Krieg ziehen mussten, war nicht nur eine grausame Fügung des Schicksals. Viele von ihnen folgten der Stimme ihrer Herzen. Gegen die deutschen Besatzer kämpfte eine ganze Armee von Jungen und Mädchen. Sie verteidigten ihre Heimat und machten alles für einen baldigen Sieg.
Handgeschriebene Zeitschrift "Volksrächer", 15. Juni 1942
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